Die Nacht war sehr unruhig, da es ununterbrochen donnerte, blitzte und stürmte. Da kamen ordentliche Regenmassen runter und wir rechneten fest mit einer Nachricht, dass der Morning Walk abgesagt wird. Um 3:40 Uhr standen wir schließlich auf, schließlich sollten wir uns schon um 4:15 Uhr mit den Rangern an der Rezeption treffen. Der Regen hatte tatsächlich aufgehört und die Wolken hatten mittlerweile eine weniger bedrohliche Farbe angenommen.
Beim Morning Walk macht man das, was man normalerweise im Krügerpark nicht darf: durch den Busch laufen. Zwei Ranger begleiten die Besucher, beide sind bewaffnet, um im Ernstfall handeln zu können. Bis zu 8 Leute können an dem Walk teilnehmen, allerdings hatten wir Glück: Wir waren an diesem Morgen die einzigen. Das heißt, auf jeden von uns kommt je ein Ranger mit fetter Wumme – das sollte also gutgehen.
Schon als wir das Camp verließen, sahen wir vom Jeep aus Giraffen, ein grasendes Hippo, das schnell davongaloppierte (die sind wirklich überraschend schnell) sowie zwei Schakale.
Wir fuhren mit dem Jeep etwa eine halbe Stunde und waren dann am Ausgangspunkt der Wanderung angekommen. Bei einem Walk geht’s weniger darum, die großen Tiere zu sehen, sondern eher darum, die Dinge zu sehen und erklärt zu bekommen, die man von Auto aus nicht sieht bzw. nicht wahrnimmt. So erfuhren wir allerhand über die Pflanzenwelt, Tierspuren und Knochen.
Die Guides laufen nicht täglich den gleichen Weg, da sie sich immer nach dem Wind richten. Man läuft immer gegen den Wind, damit die Tiere einen nicht so leicht riechen und hören können. In 90 % der Fälle kommt eine mögliche Gefahr von vorne, nicht von hinten. Daher gehen beide Ranger vor uns. Wir müssen in einer Linie laufen, nicht nebeneinander, um sich z. B. vor Schlangen besser zu schützen. Wenn eine Schlange vorne bei der 1. Rangerin die Vibration spürt, wird sie abhauen und die Leute, die dann direkt dahinter laufen, sind so besser geschützt. Hektische Bewegungen sollten wir meiden und bei Gefahr bloß nicht weglaufen. Weglaufen ist in der Wildnis der größte Fehler, den man machen kann.
Zwischendurch darf nicht gesprochen werden, wenn was Dringendes ist, sollen wir mit dem Finger schnippen oder mit der Hand aufs Bein hauen. Zwischendurch hielten wir natürlich immer mal wieder an und die Rangerin erklärte alles Mögliche über die Natur, während der Ranger Ausschau nach möglichen Gefahrenquellen hielt.
Er fand eine kleine Gruppe Nashörner, an die wir uns anpirschen wollten. Wir liefen einen Umweg, um weiterhin gegen den Wind laufen zu können. Wir kamen hinter einem Baumstamm an und beobachteten sie von dort. Sie schienen uns tatsächlich gar nicht bemerkt zu haben. Gut, dass sie so schlecht sehen.
Ist schon was Anderes, wenn man die Tiere so ohne schützendes Blech um einen herum sieht.
Wir sahen interessante Spuren, wie die von Elefanten und Löwen. Die Elefantenspur war natürlich riesig, vor allem, wenn man den Fuß meines Mannes mal zum Vergleich sieht. Die Löwenspur war zum Glück schon ein paar Tage alt. Die Rangerin sagte allerdings, dass Löwen auf einem Walk nicht unbedingt gefährlich sind. Meistens sehen sie gar keine, weil Löwen sofort abhauen, wenn sie Menschen wahrnehmen.
Dieses Loch wurde frisch in der Nacht von einem Erdferkel ausgehoben, als es Termiten gesucht hat.
Unsere Ranger:
Dann wurden uns noch diverse Ausscheidungen von verschiedenen Tieren erklärt. Elefanten legen ja bekanntermaßen ordentliche Haufen (wir sind mal mit dem Auto in der Mitte über einen frischen Haufen gefahren, der dann gegen den Unterboden schrammte
). Was ich noch nicht wusste, ist das der Kot von vielen Tieren gefressen wird. Der Pillendreher ernährt seinen Nachwuchs davon, das Warzenschwein nascht ab und zu mal und auch viele Vögel. Denn viele Pflanzen werden von Elefanten unverdaut ausgeschieden und haben somit noch einen hohen Nährwert für andere Tiere.
Der Kot von Hyänen war auch recht interessant. Hyänen können Knochen nicht nur fressen, sondern auch verdauen, im Gegensatz zu den meisten anderen Fleischfressern, die Knochen unverdaut wieder ausscheiden. Daher war der Kot der Hyäne weiß. Die Rangerin trat auf den Haufen und er zerfiel zu Staub. Ihr könnt aufatmen, denn ich habe kein Bild davon gemacht.
Dann sahen wir noch diverse Knochen, wie diesen Schädel eines Warzenschweins. Ab und zu kommen die Hyänen noch mal her, um am Kopf zu knabbern. Die mögen wohl die weicheren Knochen unten am Maul sehr gerne.
Dann sahen wir noch diese Nashorn-Knochen. Leider scheint auch dieses Nashorn von Wilderern getötet worden zu sein. Die Rangerin hatte die Knochen schon ab und zu gesehen, hat aber nie den Schädel gefunden. Sie sagte, wenn Nashörner von Wilderern getötet werden, werden die Schädel zur Beweisaufnahme mitgenommen.
An diesem hübschen Dreckloch machten wir Frühstückspause. Der Walk dauert immerhin 3 Stunden, da tat der Snack ganz gut. Über dem Wasser sahen wir dieses weiße Nest. Der Ranger erklärte, dass es ein Froschnest ist. Der Frosch liegt das Nest aus seinem Schleim (oder waren es seine Ausscheidungen?) an und legt den Laich rein. Wenn es daraus Kaulquappen geworden sind, fallen sie ins Wasser und sind so schon zu groß für viele Fressfeinde.
Diese zwei hübschen Tausendfüßler sahen wir auch noch.
Während des Frühstücks quatschen wir viel mit den Rangern. Sie waren auch ganz froh, dass sie alleine mit uns waren, sie meinten, das seien die besten Touren, weil man so am meisten erfährt und viel fragen kann. Gruppen mit 8 Personen sind schon kritisch, weil immer ein „Mr. Bean“ dabei ist, der Ärger macht.
Bevor wir uns auf den Rückweg machten, fragten sie uns, in welcher Richtung unser Auto steht … Öhm ja, also so spontan … keinen blassen Schimmer!
Wir sollten einfach mal raten, meistens würden die Frauen richtig liegen. Ich gehe einfach mal nach Intuition und zeige in eine Richtung. Mein Mann sagt natürlich sofort „Käse!“ und zeigt in die entgegengesetzte Richtung. Die Rangerin sagte zu ihrem Kollegen, dass wir wohl heute nicht in der Wildnis übernachten müssten und marschierte los. Ich hatte Recht!
Danach machten wir uns langsam auf den Rückweg und sahen Zebras und Wasserböcke, die aber sofort das Weite suchten. Wenn die Menschen im Auto sind, interessieren sie sich viel weniger uns, aber ohne Auto denken sie sofort, dass wir eine mögliche Gefahr sind und hauen ab. Die Tiere wurden auch sofort von einem Vogel gewarnt, der Alarm schlug und alles, was Hufe hatte, galoppierte weg.
Dann sahen wir noch diese Spinnenbehausung. Die Rangerin wollte die Spinne mit einem langen Grashalm rauslocken, aber zum Glück kam sie nicht, weil sie Junge hatte. Noch mal Schwein gehabt! Wenn Regen bevorsteht, webt die Spinne oben ihren Eingang zu. Als wir wieder zuhause waren, haben wir in einer Reportage gesehen, wie sie jemand hochgelockt hat. Mann, war das ein Riesenvieh! Ich war umso mehr erleichtert, dass sie nicht rauskam.
Von einer Pflanze riss sie 2 Blätter ab und sagte, wir sollen mal drauf herumkauen. Wir kauten und kauten und irgendwann dann schmeckte es schrecklich bitter! Sie hatte natürlich ihren Spaß, während wir die Blätter mit verzerrtem Gesicht angeekelt ausspuckten. Diese Pflanze schützt sich so davor, gefressen zu werden.
Wir fanden noch einen Stachelschwein-Stachel und ein paar Hörner.
Schließlich kamen wir wieder zum Auto und waren kaputt, aber auch sehr glücklich. Dieser Walk war wirklich klasse und wir haben viel gelernt.
Wieder im Camp angekommen, versuchten wir, die Hose und die Schuhe vom Elefanten- und Nashorndung zu befreien, leider nur mit mäßigem Erfolg.
Im Nachhinein war das Wetter für einen Walk genau richtig. 20 Grad und bedeckter Himmel sind allemal besser als 30 Grad und die Sonne, die einem auf den Kopf knallt.
Danach starteten wir unseren Game Drive des Tages und fuhren in Richtung Skukuza, das größte Camp im Park. Wir fuhren als Erstes zum Sunset Dam und sahen ein paar Hippos und Krokodile.
Die Impala-Babys wurden nach und nach geboren und jede Herde hatte Babys, die noch etwas wackelig auf den Beinen waren. Aber geschickt und schnell waren sie schon.
Kurz vor Skukuza sahen wir dann noch einen Elefantenbullen am Wasser.
Danach sahen wir uns das Camp an, das sogar über einen Hundefriedhof verfügt. Hier liegen einige Hunde der Ranger begraben. Irgendwie süß, die Idee.
Dann gingen wir noch in die Bibliothek und das Museum, das einige Gegenstände der Ranger aus der Anfangszeit des Parks ausstellt. Die Bibliothek war top ausgestattet – mit Windows 95-Büchern.
Laut Sightingsboard war heute auf einer Straße (S65) ganz schön was los, inklusive Löwen- und Leopardensichtungen, also stand die Entscheidung: da fahren wir hin.
Aber als wir aus dem Camp fuhren, kamen wir erst mal in eine Straßensperre des südafrikanischen Militärs. Sie hielten jeden an und er wollte unser Permit für den Park und den Führerschein sehen. Dann wünschte er uns noch eine gute Fahrt und es konnte weitergehen. Überall in den Büschen waren bewaffnete Soldaten … Ob sie wohl auf Wildererjagd waren?
Wir fuhren also auf die S65 und schon zu Beginn hielt uns eine Frau an: ein Stück weiter die Straße durch ist ein Leopard im Baum! Sogar mit gerissenem Impala! Ich weiß noch, dass ich vor Beginn der Reise ganz großkotzig erklärt habe, dass ich bitteschön einen Leoparden mit blutiger Antilope im Baum sehen möchte. Mein Mann hat nur laut gelacht und gesagt „Kann ich sonst noch was für dich tun?“ Und jetzt das!
Als wir ankamen, waren schon drei Autos da. Der Leopard war nicht ganz so entspannt, wie unser erster. Wohl weil mehr los war und weil er Beute hatte. Zum Glück haben wir irgendwann einen ganz guten Platz erkämpft.
Einige waren ungeduldig und fuhren sogar abseits der Straße direkt vor den Baum. So was muss doch nun wirklich nicht sein. Es gibt echt solche Idioten.
Trotzdem blieben wir recht lange, weil’s wirklich eine tolle Sichtung war. Irgendwann lösten wir uns aus dem Trouble (mittlerweile waren es noch 5 andere Autos) und stellten uns etwas abseits hin. So konnten wir zwar nur noch das Impala sehen, aber vielleicht macht der Leopard ja noch was. Und tatsächlich: er drehte sich mit dem Kopf direkt in unsere Richtung und sah uns an. Volltreffer! So schnell gaben wir unsere Pole Position natürlich nicht wieder her und genossen einfach nur.
Sorry für die vielen Bilder, ich konnte nicht anders.
Nach diesem weiteren Highlight fuhren wir langsam weiter und sahen die drei Frauen im Corolla, die ein paar Minuten zuvor auch beim Leoparden waren, am Straßenrand stehen. Sie guckten ganz aufgeregt ins Gras und knipsten wie wild. Ich fragte sie was sie sehen und sie sagten „A pyton! It’s eating an impala!“ Wie bitte? Ein Python, der ein Impala frisst? Ich dachte zuerst, ich habe mich verhört, hatte ich aber nicht.
Die Südafrikanerin sagte, dass es ein Baby-Impala ist und dass die Mommy nicht gehen will. Tatsächlich lief Mama-Impala ganz aufgeregt hin und her und konnte nicht glauben, was sie sah. Wir aber ehrlich gesagt auch nicht. Das war schon wirklich herzzerreißend.
Die Schlange erwürgte das Impala, zog sich immer fester zu. Nach ein paar Minuten hatte die Mutter leider verstanden und lief davon.
Die Schlange ließ von ihrer toten Beute ab und legte sie sich zum Runterschlingen zurecht. Ich wollte bleiben und zusehen (wenn schon, denn schon), aber mein Mann, für den Schlangen nicht nur ein Graus sind, sondern der sich auch gut mit Schlangen auskennt, sagte, dass das Stunden dauern kann. Und leider war jetzt schon Nachmittag und wir mussten noch die weite Fahrt nach Lower Sabie antreten.
Das arme kleine Impala ging mir auf der Fahrt nicht mehr aus dem Kopf. Aber die Schlange will ja auch fressen und so ist das nun mal.
Diesen Gaukler sahen wir auch noch.
Zwei Giraffen schlugen ihre Köpfe aneinander. Das wird „necking“ genannt und männliche Giraffen kämpfen so gegeneinander. Jedenfalls sah es ganz schön brutal aus und das knallte auch ganz schön, wenn einer der Köpfe auf den Körper der anderen Giraffe traf.
Auf eine große Impala-Herde trafen wir auch noch sowie einen Gelbschnabeltoko.
Ansonsten steuerten wir zwar jedes Wasserloch auf dem Rückweg an, sahen jedoch nicht mehr so viel. Aber am letzten Wasserloch auf dem Weg wartete dann noch ein Knaller auf uns: ein Leopard, der gerade trank!
Und es war nur ein anderes Auto da. Ein Typ mit einem riesigen Objektiv auf der Kamera. Die Bilder hätte ich gerne gehabt, denn ich habe leider im Automodus fotografiert und hab leider viel zu spät gemerkt, dass sich die Kamera auf starke Sonneneinstrahlung eingestellt hat. Aber die Sonne schien gar nicht. Daher sind die Fotos leider nicht so toll geworden.
Nachdem der Leopard getrunken hatte, markierte er sein Revier und verschwand dann in den Büschen. Mein Mann hatte kurz zuvor was Katzenartiges hinten her huschen sehen. Wir fragten uns, was das wohl war. Er meinte, es war entweder ein anderer Leopard oder ein Gepard.
Also warteten wir auf Kloppe.
Die ließ auch nicht lange auf sich warten. Da kamen vielleicht Geräusche aus dem Busch! Da ging es mal ab wie Schmitz‘ Katze. Mehrere Male müssen die Tiere wohl aneinander geraten sein. Wir warteten noch eine Weile, aber leider sahen wir nichts mehr. Langsam wurde die Zeit knapp und bis 18.30 Uhr muss man wieder im Camp sein, also fuhren wir schweren Herzens.
Allerdings hatten wir noch ein paar Minuten für den Dam, wo die Hippos schon aus dem Wasser gekommen waren. Die Krokos fanden das wohl nicht so prickelnd.
Und als wir dachten, der Tag kann gar nicht mehr besser werden, sahen wir noch unsere erste Hyäne! Ihren Haufen kannten wir ja schon.
Das war natürlich ein Wahnsinnstag mit dem tollen Morning Walk und den schönen Sichtungen, aber wir hatten ja noch eine Rechnung mit den Löwen offen. Im Camp buchten wir daher den Sunset Drive für den nächsten Tag. Vielleicht klappt es dann ja endlich.
Wir aßen im Restaurant zu Abend und im Gegensatz zum Restaurant in Satara machte dieses hier seinem schlechten Ruf alle Ehre. Egal, unser Tag war toll und wir waren sowieso euphorisiert von den tollen Sichtungen – 2 Leoparden an einem Tag muss man ja erst mal verkraften.
Unterkunft: Lower Sabie Rest Camp, BD3U, ca. 90 € pro Nacht