Auf die Gefahr hin, hier als böser Zyniker da zu stehen...
Kapstadt ist eine tolle Stadt. Und wer mal da war, wird süchtig. Da ist es nur natürlich, dass der Traum entsteht, dorthin auszuwandern.
Aber... als Angestellter, wenn Du nicht gerade von einem ausländischen Unternehmen entsandt wurdest, siet die Perspektive ganz anders aus.
Mit Euro in der Tasche kommt Dir Kapstadt ganz günstig vor. Mit einem lokalen Einkommen ist es sauteuer. Da ist das, was Du Dir als Tourist locker leisten kannst, unerreichbarer Luxus.
Und, nicht zu vergessen... es ist eine Einbahnstraße. Das Einkommen reicht nicht, um etwas beiseite zu legen. Da liegen selbst die Kosten für einen Heimflug nach Deutschland, um z.B. die Familie zu besuchen, so hoch, dass das nur alle paar Jahre mal drin ist wenn Du es Dir vom Munde abgespart hast.
Eigene Wohnung in Kapstadt? Vergiss es. Mit Glück ein kleines WG-Zimmer in den Außenbezirken.
Auto? Träumen darf man ja. Aber es wird wohl doch eher die MyCiti-Monatskarte werden.
Dein Einkommen als Erzieher dürte sich dort in dem Rahmen bewegen, den ein Grunschullehrer bekommt, also je nach Erfahrung und Schule zwichen 85.000 und 160.000 Rand pro Jahr.
Die Spanne ist groß, aber da Deine Qualifikation in ZA eher nicht so anerkannt wird, bzw. Du dort keine Referenzen vorweisen kannst, nehmen wir zu Deinen Gunsten an, dass Du etwa in der Mitte liegst, also bei 120.000 Rand pro Jahr.
Nehmen wir weiterhin an, dass das netto ist. Was es nicht ist, aber bei den Kleckersummen, die schon bei Brutto rauskommen, ist das egal.
Das wären 10.000 Rand pro Monat, also ca. 700 Euro pro Monat.
Wenn Du wissen willst, was Du dafür bekommst: Stell Dir vor, Du lebst mit Hartz IV in München. Ungefähr so hoch sind die Sprünge, die Du in Kapstadt damit machen kannst.
Außer natürlich, dass Du Dich selbst krankenversichern musst und es, wenn Du Deinen Job verlierst, kein soziales Netz gibt, das Dich auffängt.
Die Plätze für Parkwächter sind auch schon vergeben, also ist das auch keine Perspektive.
Was die Chancen auf ein Visum angeht: Die dürften zwischen 0% und 0% liegen.
Wenn Du eine Agentur einschaltest, die ein paar tausend Euro für ihre Bemühungen nimmt, vervierfachen sich Deine Chancen. Also 0% x 4 = 0%.
Arbeitslose Lehrer und Erzieher gibt es zuhauf. Aber kein Geld für die Schulen. Und da ein Arbeitgeber erstmal nachweisen muss, dass er keinen geeigneten Südafrikaner für die Stelle gefunden hat, auf jede offene Stelle aber ein paar Dutzend Leute kommen, hast Du da keine Chance.
Ratschlag: Mach es wie die meisten. Verdien Dein Geld in Deutschland, fahr regelmäßig in Urlaub nach Kapstadt.
Wenn Du dann genug Geld gespart hast, kauf Dir da ein Häuschen. Und später, wenn Du in Rente gehst, kannst Du da mit Deiner deutschen Rente gut leben.
Die meisten Deutschen, die Du am Kap triffst, sind entweder Rentner, selbständig oder von ihrer Firma entsandt.
Wer lokal angestellt ist, lebt überwiegend quasi-prekär von einem Callcenter-Job und hofft auf bessere Zeiten.
Ach ja, und als Tourist kennst Du nur Frühling oder Sommer in Kapstadt. Fahr mal im Juli/August hin, wenn Winter ist und schau, ob Du dann auch noch da sein wirst.
Ich habe in meinem Leben noch nie so gefroren, wie im August in Kapstadt.
Einfachverglasung, keine Heizung, keine Isolierung und nachts einstellige Temperaturen, außerdem gern mal Dauerregen oder auch Schneeregen.
Im Sommer sit es ja ganz angenehm, wenn die Hütte trotz geschlossener Fenster gut durchlüftet ist. Aber im Winter, wenn trotz geschlossener Fenstern die Vorhänge flattern wie eine Fahne bei Windstärke 12, sieht die Welt anders aus und Du wünschst Dich zurück in den deutschen Sommer.
Versteh mich nicht falsch. Kapstadt ist mein Zuhause, wo ich zur Schule gegangen und aufgewachsen bin. Und ich verbringe so viel Zeit da, wie es mir möglich ist. Aber leben tue ich aus gutem Grund überwiegend in Deutschland. Wie so viele gut ausgebildete Südafrikaner, die auswandern, wenn sie die Möglichkeit dazu haben.
Ich habe da sogar eine eigene Firma (wie gesagt, Selbständig sein ist eine Option). Aber meine Kunden sitzen in Europa und zahlen in Euro. Wettbewerber, die im lokalen Markt tätig sind, haben Preise... die berechnen den lokalen Kunden weniger als ein Viertel von dem, was man mit derselben Arbeit in Europa erzielt.
Davon könnte ich also nicht leben.
Deshalb arbeite ich überwiegend in Deutschland und nur ein, zweimal, manchmal auch dreimal im Jahr für einige Wochen von Kapstadt aus. Das ist toll, aber auch was ganz anderes, als dort Urlaub zu machen.
Während alles voll Touristen ist, die Spaß haben, die Restaurants bevölkern, an den Strand gehen und die Waterfront leerkaufen, stehst Du morgens zeitig auf, gehst zur Arbeit und kommst abends ziemlich fertig heim.
Während die Toruis dann durch die Clubs ziehen und die Nacht zum Tag machen, gehst Du zeitig schlafen, weil Du am nächsten Morgen ja wieder früh raus musst. Freitagabend oder Samstag gehst Du dann weg.
Mit einem einheimischen Einkommen aber eher nicht in die teuren Clubs in der Long Street, wo die Touristen die Preise kaputtgemacht haben, sondern irgendwoanders hin. Und hältst Dich an ein, zwei billigen Drinks fest, weil mehr als 10 Euro für einen Abend bei Deinem Einkommen nicht drin sind.
Also, überleg Dir das lieber nochmal.