Hallo zusammen,
hier mein semi-live Reisebericht von Kapstadt und der Garden Route. Der Bericht wird erstmal keine Fotos beinhalten (, da wahrscheinlich schon 1000x gesehen) und ist aus der Perspektive eines „Ersttäters“ geschrieben, der vorher noch nie in Südafrika oder überhaupt in Afrika war.
Tag 1:
Mit Condor von FRA nach CPT. Da dies ein Nachtflug ist, kann man im Flieger etwas schlafen und hat auch nichts mit Jetlag zu tun. Am Gate hat sich noch eine Frau über die geringen Sitzabstände bei Condor mokiert und deshalb Premium Economy gebucht (für Business hat es dann doch nicht gereicht?). Ich bin noch nie mit Condor geflogen und fand die Sitzabstände in der Economy nicht so schlimm. Ist immer eine Frage, was man sonst gewohnt ist. Ich hatte aber auch das Glück, dass der Nebenplatz nicht belegt war.
Tag 2:
Nachdem der Flieger sehr pünktlich gestartet ist, landeten wir schon um ca. 10:15 Uhr. Einreiseformalitäten sehr angenehm und nicht so von oben herab wie in den USA. Koffer kamen recht schnell. Der zweite Geldautomat (FNB) hat dann auch meine Karte gefressen und ich konnte 2000 ZAR abholen.
Auf dem Weg nach draußen habe noch eine Vodacom Prepaidkarte mit Datenpaket gekauft. Hat keine fünf Minuten gedauert. Ist mir immer noch unbegreiflich, dass das so wenig angenommen wird.
Auf dem Weg zur Myciti-Station geschickt den Taxifahrern ausgewichen und eine Myciti Mover-Karte mit 200 ZAR gekauft. Freundlichkeit am Schalter ließ zu wünschen übrig; kann man aber vielleicht verstehen, wenn man das x-Mal f*cking Touris erklären muss.
Die Busfahrt nach Adderley gestaltete sich als unspektakulär und preisgünstig. Man bekommt schonmal einen ersten Eindruck der Cape Flats. Allgemein kann ich auch „Erstis“ in Kapstadt die Myciti Mover-Karte und damit das Busfahren ans Herz legen. Nur das Aufhängen der Abfahrtspläne können die sich sparen, das gibt nicht mehr als eine grobe Richtung vor.
Eingechekt im Holiday Inn Express (St George‘s Street). Um es kurz zu machen: Ich würde das Hotel nicht mehr nehmen. Das Hotel selbst ist in Ordnung (Frühstück, Sauberkeit, Freundlichkeit, Zimmer), allerdings ist die Lage beschissen. Selbst auf den 150 Metern von der Busstation Groote Kerk bis zum Hotel bin ich abends 2x angeschnorrt worden. Außerdem ist es laut und morgens früh werden schon die Marktstände aufgebaut. Abends ist die Gegend auch eher bedenklich.
Ich habe mich von der Lage ziemlich runterziehen lassen und mich gefragt, was alle so toll an Kapstadt finden. Für mich war es ein Scheißloch (dazu später mehr).
Am Nachmittag habe ich dann noch zwei kostenlose (d.h. auf Trinkgeld basierende) Stadtführungen bei der Motherland Coffee Company gemacht. Die erste Tour durch Bo Kaap war sehr gut und informativ, die zweite Tour durch die historische City ging so (zumal der Guide uns zu echten Kapstädtern machen wollte -> Jaywalking sei in Südafrika legal und führt uns deshalb über rote Ampeln...)
Abends bin ich noch kurz über die Long Street gelaufen und konnte mich das erste (aber leider nicht das letzte) Mal von aggressivem Betteln überzeugen. Ich habe schon einen schnellen Schritt und konnte meine Verfolgerin dennoch nicht abschütteln. Das war noch die harmlose Version; später kam noch am Arm grabbeln dazu. Man muss einfach hoffen, dass ein anderer Weißer in Sichtweite kommt, dann ist der Spuk vorbei. Hier würde ich definitiv empfehlen, sich nach Ankunft Pfefferspray o.ä. zu besorgen und im Falle - wenn ein „no thanks“ nicht akzeptiert wird - auch zu benutzen. Vorher aber die Windrichtung beachten, sonst macht man sich selbst zum Clown.
Tag 3:
Dieser Tag stand im Zeichen einer geführten Tour mit daytrippers.co.za zum Kap der guten Hoffnung. Die genaue Routenbeschreibung findet sich auf deren Website. Es fand sich eine von Deutschen und Niederländern dominierte Gruppe zusammen. Alter war von Anfang 20 bis Mitte 70 (alles geschätzt). Den fakultativen Ausflug auf Seal Island (70 ZAR) sollte man auch jeden Fall machen. Nicht unbedingt wegen der Seehunde, sondern die Bootsfahrt bei recht unruhiger See ist ein Erlebnis.
Höhepunkt war die Tour mit den eBikes von Boulders beach zum Kap der guten Hoffnung. Hat Spaß gemacht und man konnte an den Autoschlangen vorbeifahren. Hier zeigt sich wieder, dass man Fahrrad fahren nicht verlernt. Ich bin die letzten 20 Jahre nicht mehr Fahrrad und noch nie eBike gefahren, hat aber trotzdem gut funktioniert.
Enttäuschend fand ich Boulders Beach, da lagen einfach ein paar Pinguine herum und das war es. Hätte ich irgendwie mehr von erwartet. Vielleicht hatten die Pinguine gerade Pause...
Cape of Good Hope und Cape Point ist in Ordnung, gibt aber sicher schönere Ecken in Südafrika. Ist halt Pflichtprogramm und doch irgendwie beeindruckend, am Ende der Welt zu stehen. Zwischendurch machten asiatische Touristen ihrem Ruf alle Ehre.
Tag 4:
Heute bin ich zur V&A Waterfront gegangen. Wirklich eine nette Gegend mit chicen Geschäften. Spiegelt zwar wahrscheinlich nicht das echte Kapstadt wieder, gefällt mir aber gut.
Touren zu Robben Island ließen sich für heute nicht mehr buchen (es gab nur eine einzige Fahrt um 9:00 Uhr). Da die Kritiken auch durchwachsen waren und man bei Interesse das auch bei Wikipedia nachlesen kann, habe ich das von meiner to do-Liste gestrichen.
Bin danach noch zum Stadion gelaufen. Leider gab es keine Möglichkeit, sich das mal aus der Nähe anzusehen. Von außen ist das schon imposant. Ist aber wahrscheinlich ein all seater, wie jeder andere auch.
Danach bin ich nach Green Point und Sea Point gelaufen. Hier habe ich das erste Mal einen Flash bekommen, dass Kapstadt ja doch ganz nett ist und ich einfach (wenn man es so sagen darf) Pech mit meiner Hotel-Lage hatte.
Am späten Nachmittag habe ich dann noch eine ca. 25 minütige Helikopter-Tour (two oceans) gemacht. Ich finde ja Helikopter-Flüge klasse und kann das - wenn es in das Budget passt - nur empfehlen.
Danach bin ich noch etwas an der Waterfront herumgelaufen und später mit einem Uber zum Hotel gefahren. Beim Small Talk mit dem Fahrer stellte sich heraus, dass dieser aus Simbabwe stammt. Da habe ich gemerkt, wie privilegiert ich (bzw. wir Kapstadt-Urlauber) bin. Wahrscheinlich habe ich für den Heliflug sein ganzes Monatsgehalt verballert...
Tag 5:
Heute wollte ich auf den Tafelberg. Leider war zero visibility angesagt. Ich bin da noch Richtung Platteklip Gorge gelaufen, um zu schauen, ob jemand mit mir den Weg geht. War aber keiner da. Da es eben nicht mein letzter Tag in Kapstadt ist, habe ich das Unterfangen wegen Zeit- und Geldverschwendung abgebrochen erst über die Kloof Street gegangen und nach Camps Bay gefahren und habe mich dort an den Strand gelegt. Später bin ich dann noch zu Clifton 4th gegangen und von dort die vier Strände abgegangen. Man merkt durchaus, dass die Klientel zwischen Camps Bay und Clifton anders ist. Ansonsten sind das die chiceren Gegenden, die ich bislang in Kapstadt gesehen habe. Kein Vergleich mit der Ecke, in der ich mein Hotel habe. Zumindest hat mir das wieder das Vertrauen in Kapstadts Schönheit gegeben.
Abends von Camps Bay zurück mit dem Bus gefahren. Hier zeigt sich, dass der südafrikanische ÖPNV leicht von unserem unterscheidet. An die Bushaltestelle fahren zwei Minibusse, viele Schwarze stürmen rein, ein paar passen nicht mehr rein und bleiben draußen stehen. Teilweise wird noch zwischen den Bussen gewechselt. In der Zwischenzeit kommt der Myciti-Bus angefahren und versucht wild hupend die Minibusse von der Haltestelle zu vertreiben. In diesem Moment springen ein paar Leute aus dem Minibus wieder raus. Als die Minibusse dann weg sind, steige ich mit den Leuten, die wieder aus dem Minibus gestiegen sind, in den Myciti-Bus ein. In dem Moment stürmt die Busfahrerin aus dem Bus. Motor und Blinker noch an. Währenddessen stiegen die Leute aus dem Minibus auch wieder aus dem Myciti-Bus aus. Nach fünf Minuten kommt die Busfahrerin wieder und wir fahren ab. Als Westeuropäer staunt man erstmal über die ganze Situation.
Tag 6:
Nachdem es gestern mit dem Tafelberg nicht geklappt hat, war das Wetter heute freundlicher. Leider habe ich verschlafen und war erst gegen 10:00 Uhr am und 1,5 Stunden später auf dem Tafelberg. Die Aussicht ist schon gigantisch und lässt sich wahrscheinlich auch gar nicht auf Fotos zeigen. Ein Dassie habe ich auch gesehen. Der Abstieg ging dann über die India Venster-Route (ich habe das schonmal in einem anderen Thread geschrieben: komplett bescheuerte Idee. Hoch halte ich die Route für herausfordernd, runter einfach nur gefährlich).
Zur Belohnung bin ich danach wieder nach Camps Bay und Clifton gefahren und mich dort an den Strand gelegt und meine Füße gekühlt.
Der Sonnenuntergang und der Blick auf die 12 Apostel dort ist einfach grandios. Da sind durchaus einige, die ihre Freundinnen dann ablichten.
Tag 7:
Der Tag startete wieder mit einer kostenlosen Tour der Motherland Coffee Company („From Apartheid to Freedom“). Die Tour war richtig gut, was auch bzw. vor allem an der Präsentation lag (Wilmarie). Statt in das District 6 Museum zu gehen, habe ich dann bei Truth Coffee Kaffee getrunken.
Der Nachmittag endete wieder damit, dass ich ein weißes Pärchen suchen musste, um einen Bettler abzuschütteln.
Fazit Kapstadt:
Kapstadt hat wirklich tolle Ecken und kann als Urlaubsziel Spaß machen. Tendenziell würde ich lieber einen Tag mehr als einen Tag weniger Kapstadt machen. Von den Tagen, die ich in Kapstadt war, war Tag 6 wirklich der einzige Tag, an dem sich eine Tour auf den Tafelberg gelohnt hat. Das sollte man sich keinesfalls entgehen lassen. Blöd wäre es, bei zero visibility hochzufahren, nur damit man auf dem Tafelberg gewesen ist.
Was wirklich nervt ist das aggressive Betteln. In Europa wird wenigstens ein „nein danke“ akzeptiert, das ist hier nicht so. Ich habe oben ja geschrieben, wie ich damit das nächste Mal umgehe. Wer nicht hören will, muss fühlen. Prinzipiell würde ich aber der Situation aus dem Weg gehen und nichts mehr in Downtown buchen.
Bei Fragen gerne fragen, jetzt ist das Wissen noch frisch.
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